Feature-Mo< Zurück 18.07.2012

Wer hat Angst vor dem Ding aus der Mur?

Von Max Werschitz

Das Filmjahr 2012 wird immer besser. Zuerst Nazis am Mond, jetzt ein Monster in der Mur: am 22. August feiert der erste Grazer Horror/Splatter-Film 'Das Ding aus der Mur' im KIZ Royal Premiere. Ich habe mich mit zwei der Beteiligten, Aurel Hu (Co-Regie/Produktion) und Arnold Spoiler (Produktion), auf ein Ding aus der Kaffeemaschine zusammengesetzt und versucht ihnen einige blutige Geheimnisse zu entlocken.

Postenkommandant Alois Ratzinger (Daniel Josef Rossmann) nimmt die Sache in die Hand.

"Herr Anton hat ein Häuschen mit einem Gartenzwerg, und davor, da steht ein Kernkraftwerk" sang Stefan Eberhartinger von der EAV einst, und wir alle wissen wie es weiterging, nach der "kleinen Havarie". Sehr österreichisch, das Ganze – aber es geht auch anders. In Das Ding aus der Mur hat Graz ebenfalls ein Atomkraftwerk, statt dem liebenswerten "Burli" jedoch plötzlich ein waschechtes Monster, das sich prompt auf die Jagd nach unvorsichtigen StadtbewohnerInnen begibt. Vorhang auf für Postenkommandant Alois Ratzinger (Daniel Josef Rossmann), der, so meint Aurel Hu lachend, zwar "sauft, raucht, und dem wirklich alles wurscht ist", aber eben trotzdem mal der Sache nachgehen muss, unterstützt von zwei Polizeibeamten "aus der Großstadt". Das Ganze mehr schlecht als recht – die Leute sterben weiterhin wie die Fliegen, bis schließlich "alles zusammenkommt und die Stadt ein bisserl durchdreht". Während die einen tafelfuchtelnd den Weltuntergang heraufbeschwören, stellen sich die anderen bannerschwingend hinter das verkannte Monster. Auf jeden Fall fließt jede Menge Blut, und das natürlich selbstgemacht – Co-Regisseur David Hehn hat diesbezüglich schließlich einschlägige Erfahrung. "David hat früher auch schon Splatter-Kurzfilme gemacht und hat schon ein ganz gutes Rezept für das Kunstblut".

Ein Horrorfilm nur um des Splatterns willen? Seichte Unterhaltung von Genrefans für Genrefans? Keineswegs. "Es ist ein Horrorfilm, aber wir haben wenig klassische Handlung – es geht eher um die Charaktere." Ein echtes Drehbuch hätten sie nicht gehabt, sondern einfach "einen groben Plan", was sich anfangs vor allem bei der Zusammenarbeit mit den LaiendarstellerInnen noch als problematisch gestaltete, sich jedoch sehr bald als Glücksgriff erwies. "Der Film ist authentisch, aber nimmt sich selbst nicht wichtig – er ist trashig, ein bisschen lächerlich, aber auf jeden Fall sehr lustig. Die Gags kommen großteils durch die Protagonisten, und da hat sich vieles einfach spontan ergeben." Für den Zuseher gehe es darum absurde Situationen zu beobachten, "ein bisserl so wie bei Ulrich Seidl". Und beobachtenswert ist für die Macher eben nicht nur das genmutierte Monster in der Mur. "Der Film ist schon sehr auf Graz bezogen. Grazer Schauplätze, Grazer Musik, Grazer Charaktere". Sogar das hiesige Urgestein Rose Mild konnte man für einen Auftritt gewinnen. "Ich finde die Grazer haben das schon irgendwie in sich, dass sie so bisserl ein arges Volk sind. Ich zumindest kenne sehr viele schräge Leute und extreme Persönlichkeiten." Ob hier die Stelle ist wo wir die Metaphermaschine anwerfen und das Monster aus dem Fluß als Sinnbild für die Monster in uns werten überlasse ich jedem selbst.

Kein Budget aber viel Herz

Das Ding aus der MurWie kommt man überhaupt darauf so einen Film zu machen? Die Idee dazu hatte Anfang 2011 David Hehn, der wie bereits erwähnt als einiger der wenigen im Team schon Filmerfahrung hatte. Der selbstständige Fotograf Aurel Hu kam kurz danach dazu, kümmerte sich dabei hauptsächlich um die Kameraarbeit, rutschte jedoch mit jedem Drehtag weiter in die Rolle des (Co-)Regisseurs. "Ich war bei ein paar Filmproduktionen dabei, aber vom Plot her hat mich das alles überhaupt nicht interessiert. Immer nur die gleiche Liebesg'schicht, oder eben diverse andere Standardhandlungen. Das Coole an dem Ding aus der Mur war die Möglichkeit so viel Scheiß reinzupacken wie wir wollten, es gab überhaupt keine Vorgaben: du kannst ihn lustig machen, blutig, thriller-mäßig, und vor allem mit vielen schrägen Charakteren."

Die gut 30 Drehtage, die meisten davon im Juli und August 2011, machten dem Team durchaus zu schaffen, allen voran Hehn: "Das war für ihn sehr heftig. Während einer intensiven 2wöchigen Phase zum Beispiel kam er vielleicht auf 1-2 Stunden Schlaf pro Nacht, hat sich tagelang nicht duschen können, und dadurch oft noch das Blut von letzter Woche oben gehabt", erklärt Hu. Auch er selbst kam oft ans Limit. Schließlich ist Das Ding aus der Mur nicht nur 'low budget', sondern 'no budget' – und da wurde, wenn aufgrund der Zeitinvestition in den Film jene für die Erwerbsarbeit zurückgeschraubt werden musste, das Geld schon mal knapp.

Dieser selbst erwählte Geldmangel ("Wir haben eine gewisse Faulheit gegenüber der Bürokratie und uns einfach nicht um Förderungen oder Sponsoren scheren wollen, das zerstört irgendwie den Flow") machte sich auch nach Ende des Drehs bemerkbar. Es fehlte die geeignete Computerausrüstung um sich an den Schnitt zu machen, und so lag das Material erst mal eine Weile ungenutzt herum. Bis schließlich Arnold Spoiler, mit Projekten wie 'Screaming Bonsai' und 'Karussell' in der Grazer Musik- und Theaterszene wohlbekannt, rettend einsprang. Ab dann ging es trotz einiger notwendiger Nachdrehs zügig voran. Die Post-Production schließlich gestaltete sich, bis auf stellenweises Nachsynchronisieren und Hinzufügen von einigen wenigen Ton- und Bildeffekten, eher unkompliziert: "Mit Special Effects kenne ich mich nicht so aus" grinst Hu, "das Ganze ist eher alte Schule, was man sieht haben wir auch wirklich gefilmt". In der Hinsicht kann man vor allem auf das Design des Monsters gespannt sein; David Hehn musste jedenfalls das von ihm entworfene Kostüm "nach jedem Dreh im Wasser neu zusammenpicken".

Ein Monster für alle, und alle für eines

Für die Zeit nach der Premiere am 22. August im KIZ Royal gibt es noch keine genauen Pläne. Natürlich wäre es gut den Film im regulären Programm eines Grazer Kinos unterzubringen, meinen die Verantwortlichen, und auch an diverse Filmfestivals wurden schon Exemplare verschickt. Welche Chancen rechnet man sich aus? "Es ist schwierig wenn man noch neu ist in der Szene, wenn man sich noch keinen Namen gemacht hat" meint Arnold Spoiler vorsichtig. " Aurel Hu sieht es jedenfalls gelassen: "Ich will jetzt keinem nachrennen, wir haben den Film hauptsächlich für uns selbst gemacht".

Der nächste ist jedenfalls schon in Planung. Er soll "schon eine gewisse Fortsetzung werden, aber doch ganz anders". Ob sie das Ganze dann professioneller angehen wollen wissen sie noch nicht. "Ich habe schon so viele Projekte gesehen die durch Geld eigentlich zerstört worden sind, wo sich die Leute wegen ein paar Euro zerstritten haben", meint Spoiler. Auch dass professionelle SchauspielerInnen oder gar ein zugkräftiger Star engagiert wird ist unwahrscheinlich, so Hu, und bringt damit in meinen Augen die Philosophie vieler junger Filmschaffender auf den Punkt: "In der heutigen Welt kann man genug erschaffen und muss nicht immer andere, bekannte Leute fragen… ich denke mir einfach, hey, ich mach das selbst!"

Und was wünschen sich die beiden? "Cool wäre es wenn wir einen Mythos schaffen, ein bisschen so wie mit dem Ungeheuer von Loch Ness – dass also die Leute runter zur Mur gehen und sich dort zuflüstern, pass auf dass dich das Monster nicht holt".

Weitere Infos: www.dasdingausdermur.at.st und auf der offiziellen Facebook-Seite.

Trailer

Auf einen Blick

  • Jahr: 2012
  • Länge: 73 min
  • Regie: David Hehn, Aurel Hu
  • Webseite

Fazit

Der dreiste kleine Kinomo

Bei uns müssen Cineasten nicht fasten! Hier erwartet euch Filmkritik wie man sie sonst nirgends lesen kann. Rede- und pressefrei liefern euch die kleinen Kinomos unregelmäßig aber unangepasst Reviews, Previews, Feature-Mos und ein dreistes Etwas zu einem ausgewählten kulturellen Spezialbock, der irgendwo auf der Welt geschossen wurde.

Impressum:
'Der dreiste kleine Kinomo' ist die non-profit Blogging-Plattform des Dreistil Filmverein (Graz, ZVR 262411928).