Review< Zurück 28.09.2011

Attack the Block: Eine Alien-Invasion hat noch nie so viel Spaß gemacht

Von Max Werschitz

Gibt es etwas Gefährlicheres als blutrünstige Außerirdische? Ja, natürlich: eine perspektivenlose Teenie-Gang aus London. Was passiert wenn diese aufeinandertreffen zeigt Joe Cornish äußerst pointiert in seinem gelungenen Regiedebut, und lässt gelangweilte Science Fiction-Fans wieder an das Potential ihres Lieblingsgenres glauben.

Dass die Erde regelmäßig von Außerirdischen besucht wird halten einige Leute für eine Tatsache, und bei näherer Betrachtung der Faktenlage scheint das nicht einmal so abwegig zu sein. Dass die Erde aber zumindest im Kino mehrmals jährlich das Lieblingsinvasionsziel von Aliens ist, das bleibt unbestritten. Gerade in den letzten Jahren konnten sich Sci Fi-Fans nicht über einen Mangel entsprechenden Materials beklagen, wobei die Qualität stark variierte – Machwerke wie Transformers oder Battle Los Angeles bilden hier für mich den exemplarischen Bodensatz, Super 8 und Cowboys and Aliens die qualitativ ansprechende Mitte, und Ausreisser wie Monsters oder District 9 das dünn gesäte Spitzenfeld. Dieses bekommt nun Verstärkung von Attack the Block, dem Erstlingswerk des britischen Comedians Joe Cornish, unter den Flügeln von Big Talk Productions, auf deren Konto u.a. geniale Filme wie Shaun of the Dead und Scott Pilgrim vs. the World gehen.

Cornish, der sowohl das Drehbuch schrieb als auch Regie führte, verpasst dem ausgelutschten "Alien Invasion"-Subgenre dabei eine äußerst gelungene Frischzellenkur, und injiziert ihm nicht nur eine gehörige Portion Humor, sondern vor allem Lokalkolorit: dieses Mal ist es keine technologiestrotzende Außerirdischenarmee die sich auf den gesamten Globus stürzt, sondern eine überschaubare Gruppe von zahn- und fellbewehrten Eindringlingen die sich hormongesteuert über ein ohnehin schon kriminalitätsgeplagtes Südlondoner Viertel hermacht.

Genauergesagt über "the block" von Moses (John Boyega) und seiner kleinkriminellen Teenie-Bande: als die mitten im Getöse der Bonfire Night gerade dabei sind die erst kürzlich dorthin gezogene Krankenschwester Sam (Jodie Whittaker) zu überfallen, knallt ein häßliches, aber eher kleines und nicht allzu wehrhaftes Wesen vom Himmel und in ein nahestehendes Auto. Während Sam flieht verfolgt die aufgestachelte Truppe das Alien, und Moses wird durch dessen Erschlagung zum Held des Abends. Vorerst zumindest. Denn als sie die noch unidentifizierte Trophäe ("Maybe there was a party at the zoo and a monkey fucked a fish") zur sicheren Verwahrung in den "weed room" von Ron (Nick Frost) in ihrem riesigen Apartment-Gebäude bringen, wissen sie noch nicht dass bald einige weitere Kreaturen landen werden, und dass sie mit der Ermordung der "Vorhut" ganz oben auf deren To Do-Liste stehen. Und so wird die Nacht zu einem mörderischen Katz-und-Maus-Spiel, bei dem sie nicht nur unerwartete Unterstützung von Sam, sondern auch dem Slacker-Kiffer Brewis (Luke Treadaway) und zwei mutigen Zehnjährigen bekommen, und sich auf der Gegenseite ungläubige Cops und der lokale Gangsterboss Hi-Hatz (Jumayn Hunter) einreihen.

Klein, fein und gemein

Attack the BlockAttack the Block ist schlicht und einfach ein Meisterwerk. Ein Film der eigentlich in die sympathische "klein aber fein"-Kategorie fällt, viele seiner Genrekollegen aber an Großartigkeit locker in den Schatten stellt. Ein Film der von der ersten bis zur letzten Minute stimmig, spannend, und vor allem witzig ist. Die Kombination von mehr oder weniger klassisch gemeinen Aliens (die mich allerdings auch ein wenig an die stupid, stupid rat creatures aus Bone erinnerten und damit einen fast herzigen Touch bekommen) und möchtegernkriminellen Jugendlichen ("My name ain't Gavin! It's Mayhem!") ist ein narrativer Geniestreich. Die resultierende Kollision von zwei (im mehrfachen Sinne des Wortes) Welten bietet eine originelle Grundlage die Joe Cornish perfekt auszunützen weiß. Und erstaunlicherweise wirkt das Ganze dennoch nie konstruiert – so abstrus die ganze Situation auch ist, weder die Dialoge noch die Handlungen der Hauptcharaktere wirken jemals unglaubwürdig.

Der Film lief in Großbritannien im Mai dieses Jahres an und war bei englischem Publikum und internationalen Kritikern derart erfolgreich dass er es schließlich auch in die Vereinigten Staaten, und nun endlich zu uns, schaffte. Amerikanische Vertriebe hatten Bedenken dass das hiesige Publikum den stark ausgeprägten Südlondoner Dialekt der jugendlichen Protagonisten nicht verstehen würde. Das stellte sich im Nachhinein als unproblematisch heraus; allen deutschsprachigen Interessierten empfehle ich auf jeden Fall Untertitel, zumindest ich hätte ohne sie kaum mehr als die Hälfte verstanden. Natürlich ist es bequemer sich die synchronisierte Version (derzeit im Cineplexx) anzusehen, man riskiert dabei jedoch dass ein Teil des lokalkoloritigen Flairs, der Attack the Block unter anderem so besonders macht, zu verlieren.

Trailer

Auf einen Blick

  • Jahr: 2011
  • Länge: 88 min
  • Regie: Joe Cornish
  • Drehbuch: Joe Cornish
  • Darsteller: Jodie Whittaker, John Boyega, Alex Esmail, Franz Drameh, Leeon Jones, Simon Howard, Luke Treadaway, Jumayn Hunter, Nick Frost
  • Webseite

Fazit

Meine Wertung:

 

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