Review< Zurück 17.11.2010

Buried - Lebendig begraben

Von Teresa Losonc

Verbrannte Fingerkuppen, akuter Bewegungsmangel, Sand in jeder Pore, und Augen die sich an fast ständige Dunkelheit gewöhnen mussten: Die Dreharbeiten zu 'Buried' waren für Ryan Reynolds sicher kein Zuckerschlecken. 17 Tage lang ließ der spanische Jungregisseur Rodrigo Cortés seinen Hauptdarsteller in einem Sarg liegen, um den Horrorfans eine neue Art von Angst näher zu bringen.

Buried beginnt mit einem tiefschwarzen Bild, kein Licht ist zu sehen, kein Geräusch zu vernehmen. Plötzlich hört man jemanden atmen, zuerst tief und langsam, dann immer hektischer. Die Geräusche verdichten sich und auf einmal wird die Szene durch die Flamme eines Feuerzeugs erhellt. Das rötliche Licht gibt den Blick frei auf einen Mann, der sich offensichtlich in einem Sarg befindet. Panik und Klaustrophobie schlagen dem Publikum ab der ersten Sekunde entgegen und bereiten durchgehend Unbehagen. Schnell wird klar, es handelt sich um den hier unter der Erde begrabenen Paul Conroy (Ryan Reynolds) – amerikanischer Lastwagenfahrer und Familienvater, in humanitärer Mission im Irak. Conroy hat keine Ahnung, wie er in diese Misere geraten ist, kann sich nur an einen Anschlag auf seinen Konvoi erinnern, bei dem fast alle seiner Kollegen ermordet wurden. Mit ihm wurden ein Feuerzeug, zwei Knicklichter, eine Taschenlampe, ein Flachmann, ein Stift sowie ein Mobiltelefon begraben. Mit diesen Utensilien versucht er sich aus seinem Gefängnis zu befreien. Anders als "The Bride" (Uma Thurman) in Kill Bill Vol. 2 schafft Paul es nicht, sich durch den Sargdeckel zu schlagen. Ihm bleibt nur die Kommunikation mit Hilfe des Mobiltelefons mit der Außenwelt. Hierbei stößt er auf Widerstand, Unverständnis, Bürokratie, Hilflosigkeit und nahezu Unmenschlichkeit. Der Film funktioniert auch als Systemkritik, so muss sich Paul Conroy in seiner Notsituationen auch zu Fragen von US-Institutionen nach seiner Versicherungsnummer gefallen lassen.

Reynolds, bisher eher durch seine Komödien (Selbst ist die Braut, Adventureland) und Actionfilme (X-Men Origins: Wolverine, Smokin' Aces) bekannt, schafft eine Einzeldarbietung der Sonderklasse. Er schwitzt, keucht und hat Angst, und die Kamera ist ständig auf ihn gerichtet. Close-ups ohne Ende, Fehler in der Darstellung wären unweigerlich sichtbar. Doch Reynolds gibt eine glaubwürdige Performance ab. Cortés ließ seinem Hauptdarsteller sieben Särge bauen, mit Hilfe derer es möglich war, dieser One-Man-Show oder diesem „Sarg-Kammerspiel“ zumindest die Möglichkeit unterschiedlicher Perspektiven, Kamerafahrten und Schwenks zu bieten. Unterschiedliche Lichtatmosphäre wurde mit den Beleuchtungsmitteln, wie Mobiltelefon (blaues Licht), den Knickleuchten (grünes Licht) sowie mit der Flamme des Feuerzeuges (rötlich) möglich. Das Publikum sieht nur das, was auch der Protagonist sieht.

Die Angst lebendig begraben zu werden (Taphephobie) ist eine der Urängste der Menschheit. Vielleicht fesselt dieser Film auch deshalb so, da sich jeder Zuschauer auf gewisse Weise mit dieser Angst identifizieren kann. Edgar Allen Poe und Alfred Hitchcock, auf den sich Cortés auch bezieht, haben sich schon mit diesem Thema auseinandergesetzt.

Die Logik der Handlung ist allerdings nicht immer einwandfrei. Rodrigo Cortés scheint sich an die Meinung Hitchcocks über die Plausibilität von Filmen zu halten: „Wenn man alles analysieren wollte und alles nach Erwägungen der Glaubwürdigkeit und Wahrscheinlichkeit konstruierte, dann würde keine Spielfilmhandlung dieser Analyse standhalten, und es bliebe einem nur noch eines übrig: Dokumentarfilme zu drehen.“ Diverse Unklarheiten tauchen nämlich schon am Anfang des Films auf, z.B.: Wie kann dieses Mobiltelefon unter der Erde einen so guten Empfang haben, wieso lässt jemand obwohl Luftknappheit besteht ständig das Feuerzeug brennen, etc.

Darüber kann aber hinweggesehen werden, da die Leistung des Hauptdarstellers und der Filmcrew, die es geschafft haben spannende und kurzweilige 94 Minuten im Inneren eines 2 Kubikmeter großen Raumes mit nur einem Darsteller zu drehen, einfach beeindruckend ist.

Trailer

Auf einen Blick

  • Jahr: 2010
  • Länge: 94 min
  • Regie: Rodrigo Cortés
  • Drehbuch: Chris Sparling
  • Darsteller: Ryan Reynolds
  • Webseite

Fazit

Meine Wertung:

 

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