Die dreiste Glosse< Zurück 11.05.2009

Trek ist weg

Von Nick Gruber

Sie sagen es sei das Star Trek einer neuen Generation - unterhaltsam und spannend. J.J. Abrams lässt alles über die Klippen springen - so sieht es also aus, wenn die letzte Sci-Fi Utopie hingerichtet wird.

Star Trek  im Jahr 2009 - eine visuelle Belagerung. Die Paparazzis blitzen die Schauspieler. Und der Beleuchter lässt jedes einzelne Set-Utensil glänzen, sodass alles aussieht wie angehaucht und drübergewischt. Zusätzlich zu diesem Lichtgewitter wackelt die Kamera wie ein alter Küchentisch. Und dann ist da noch dieses prickelnde 150 Millionen Dollar schwere Werbebudget... all das Geld wurde eingeplant, damit der Erfolg vom Reissbrett auch sicher in den Kinokassen landet. Es sind halt auch 10 Millionen mehr, als der ganze Film gekostet hat. Das gehört heutzutage zum Erfolg anscheinend dazu - sieht man ja auch ein.

Der oft bieder gekleidete TV-Profi-Director J.J. Abrams gab in einem seiner letzten Interviews wieder zu, mehr vom Star Wars Franchise angetan gewesen zu sein, als von Gene Roddenberry's altbackener Utopie. Und auch die Zahlen geben ihm Recht. Die bisherigen Hüter des Grals (Rick Berman & Co.) brachten in den letzten 10 Jahren keinen einzigen massentauglichen Film in die Kinos. Zwar wurden wie immer philosophisch anspruchsvolle Themen angepackt, z.B. Techno vs. Retro in Star Trek - Der Aufstand (1998) oder Nature vs. Nurture in Nemesis (2002) - beide Filme zerschellten jedoch am Versuch, Fernsehen ins Kino zu bringen.

Die unterhalterischen Qualitäten des neuen Films kann man also nicht schmälern, doch sollte man wissen, dass man sich mit Abrams Treffsicherheit auch einige massive Einschusslöcher in Roddenberrys alter Idee miterkauft. Und bei einigen dieser Anspielungen sollte man zweifeln, ob das im Sinn des 1991 verstorbenen Altmeisters gewesen sein kann. Der wollte eine Menschheit zeigen, die über Gier erhaben war.

Scheidungsanwälte in einer Welt ohne Geld

Wie bekam Dr. McCoy eigentlich seinen Spitznamen "Bones"? Ganz einfach. Seine Frau hat ihn bei der Scheidung bis auf die Knochen ausgezogen. Interessant. Man möchte meinen, Scheidungsanwälte wären schwer lebensfähig in einem Wirtschaftssystem ohne Geld. Warum streiten, wenn die Gattin ohnehin nicht auf den Unterhalt des Ehemannes angewiesen ist? Warum überhaupt so subtil? Warum sagt er nicht gleich, dass sie mit ihrem Zuhälter durchgebrannt ist oder von ihrem zweiten Bildungsweg als intergalaktischer Pornstar träumt?

Anderes Thema. Schleichwerbung in Star Trek? Unmöglich! Wie soll das gehen, ohne multinationale Konzerne? J.J. machts möglich - er lässt den jungen Kirk auf seiner Spritztour Audiotracks auf einem Nokia Smartphone durchsehen. Großartig! Ich hab schon immer von einer Zukunft geträumt, in der sich ein erhabener Mr. Spock darüber auslässt, warum er keine Jamba-Ringtones auf seinen Kommunikator laden kann. Es lebe dieser großartige Ausdruck des westlichen Individualismus!

Schluss mit der Vorbildwirkung

Und dann kommt schließlich noch die große Wende -  auch wenn ich hier Max Werschitz' noblen Versuch die Story geheimzuhalten torpedieren muss.... Gene Roddenberry installierte im Star Trek der 60er ein Volk, das trotz seiner kriegerischen Vergangenheit eine soziale Evolution durchgemacht hat, ein anhaltende Entwicklungsprozess, der ihnen schließlich absoluten Frieden bescherte. Alles basiert auf einer einfachen Schlussfolgerung: Ich bin alleine, ich brauch nur eine gewisse Menge an Futter - warum sollte ich mehr nehmen als ich benötige. Klingt logisch, nicht?  Dafür musste Roddenberry nichtmal LSD Trips schlucken. Was macht J.J. Abrams? Er lässt gleich den ganzen Planeten implodieren. 7 Milliarden tote Logiker. Eine plakativere Art, die Idee zu begraben hätte man nicht finden können.

Fazit: Wenn ich düstere Zukunftsvisionen sehen will, dann schau ich österreichisches Tennis. Abrams würzt Star Trek neu - diesmal mit viel Ketchup und Salsa Dip als Gleitmittel. Ob das aber nun wirklich verdaulicher ist? Wie werden wohl die Protagonisten auf den Neustart reagieren? Nehmen wir McCoy als Beispiel. Er ist geschieden. Er ist gestresst. Vielleicht sollte man ihn im Sequel auch gleich zum Kettenraucher machen, wie den Arzt auf Battlestar Galactica.