Review< Zurück 16.09.2011

Die Drei Musketiere; oder: ein Trend für alle, alle für einen; oder: wieso nicht?

Von Max Werschitz

Laut Wikipedia sind es an die 30 Verfilmungen die Alexandre Dumas' weltbekanntes Werk bisher über sich ergehen lassen musste – da fällt ein weiterer sicher nicht auf, dachte sich Regisseur Paul W. S. Anderson wohl. Aber als im Trailer dann Luftschiffe ihren Schatten über das Paris des 17. Jahrhunderts warfen stiegen mir eher die Grausbirnen als Begeisterung auf.

Ich gebe es zu: nachdem ich den Trailer zu Die Drei Musketiere das erste Mal gesehen hatte bekam ich spontan das Bedürfnis mir die Augen mit Seife auszuwaschen. Ist es wirklich das Schicksal der aktuellen Kinogeneration sich Hollywoods permanenter Leichenfledderei klassischer Geschichten unterziehen zu müssen? Und vor allem: müssen diese narrativen Altvorderen wirklich immer in ein steampunk-betriebenes Korsett gezwängt werden? Dieses eigentlich großartige Genre, das in den frühen 1980ern vermehrten Zulauf und auch seinen endgültigen Namen bekommen hatte, wurde dem Mainstreampublikum vermutlich erstmals mit Wild Wild West (1999) ein Begriff – ein Film den ich damals durchaus amüsant fand. Doch dann kam Van Helsing (2004) und schließlich Sherlock Holmes (2009), und mir war das Lachen vergangen. Der Trend war ebenso eindeutig wie einfallslos: alte Helden werden entweder verjüngt oder zu Martial Arts-Experten oder Nutzern anachronistischer Technologien – oder alles zusammen. Eben einer für alle, alle für einen. Was würde als nächstes kommen, vielleicht ein muskelbepackter Robinson Crusoe mit postpubertären Hormonschüben der sich auf seiner Insel einen Dampfpanzer zusammenbastelt?

Das war also die Einstellung mit der ich mich gestern, übrigens völlig einsam und verloren als einziger Besucher im großen Kinosaal, ins KIZ Royal setzte – wenn schon dieser Film, dann wenigstens im Original und bitte nicht in 3D, so meine Rechtfertigung (abgesehen von meiner Lieblingsentschuldigung für solche Aktivitäten: "Perverse Neugier", damit habe ich auch Twilight hinter mich gebracht). Und dabei darf ich mich in punkto Alexandre Dumas ohnehin nicht aufpudeln; das Buch habe ich nie gelesen, und der prägendste "Mantel und Degen"-Film meiner Kindheit war (neben dem großartigen Scaramouche und Prinz Eisenherz) ein auch schon höchst derivatives Werk, Die Söhne der drei Musketiere (1952 – und einer der Söhne ist übrigens eine Tochter).

Achselzucken und Augenzwinkern

Doch siehe da, knappe zwei Stunden später war ich auch schon eines Besseren belehrt. Action, Abenteuer, Humor – herrlich! Dazu Luftschiffe und Flammenwerfer – wieso nicht? Der Film fegt historische Glaubwürdigkeit mit Achselzucken und Augenzwinkern vom Tisch und ist im Kern trotzdem eine zutiefst altmodische Geschichte. Die Guten sind liebenswert, die Bösen in ihrer Simplizität irgendwie schon wieder beruhigend sympathisch, und die Geschichte halbwegs spannend, auch wenn man genau weiß wer welches Duell gewinnt und welches Mädchen kriegt. Die düstere Stimmung die der Trailer – eben brav steampunkig – noch vermittelte weicht einer großteils bunten und eher amüsant als bedrohlich wirkenden fiktionalen Welt in der Helden eben noch unbeschwert Helden sein dürfen.

Die drei Musketiere... und MiladyDass das alles funktioniert ist einerseits der soliden Leistung der beiden Drehbuchautoren Andrew Davies und Alex Litvak, hauptsächlich jedoch der clever gewählten Starbesetzung zu verdanken. Die Musketiere (Logan Lerman, Matthew Macfadyen, Ray Stevenson und Luke Evans) passen wie die behandschuhte Faust aufs Auge, Christopher Waltz gibt einen ebenso gut getroffenen Kardinal Richelieu, Mads Mikkelsen ist auch eindimensional, äh, einäugig ein glaubwürdiger Fiesling, Milla Jovovich als "Milady"… macht das was sie eben immer in ihren Filmen macht, und allen zusammen stiehlt Orlando Bloom als stilbewusster Buckingham ("Fashion favors the bold") ein bisschen die Show. Als Bonus gibt es sogar noch Til Schweiger in einer durchgeprügelten Nebenrolle.

Dazu muss man vor allem Regisseur Paul W. S. Anderson eines lassen: trotz aller Überdrehtheit sind die Actionszenen und anachronistischen Elemente nicht erdrückend, sondern durchaus gezielt eingesetzt – und bei letzteren merkt man dass er Spaß daran hatte: so findet man unter anderem einen strafzettelverteilenden Aramis ("Your horse took a dump") oder einen sehr an Karl Lagerfeld erinnernden Hofschneider.

Fazit: ein Film der nicht langweilig und erstaunlicherweise auch nie wirklich peinlich wird, und mit ein paar guten Lachern aufwarten kann. (Spät)sommerkino wie es sein soll.

Trailer

Auf einen Blick

  • Jahr: 2011
  • Länge: 110 min
  • Regie: Paul W. S. Anderson
  • Drehbuch: Andrew Davies, Alex Litvak
  • Darsteller: Logan Lerman, Matthew Macfadyen, Ray Stevenson, Luke Evans, Christoph Waltz, Orlando Bloom, Milla Jovovich, Mads Mikkelsen
  • Webseite

Fazit

Meine Wertung:

 

Der dreiste kleine Kinomo

Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!