Die dreiste Glosse< Zurück 26.07.2010

Eclipse: Ein Wort aus der Männerperspektive, oder: ein Plädoyer für Amélie und gegen Bella

Von Max Werschitz

Als versierter Kinogeher kann man sich nicht nur selbstverliebt in Filme setzen die einem garantiert ins geschmackliche Konzept passen, man muss auch leidensfähig sein. Sehr leidensfähig sogar - ich habe gerade den aktuellen Teil von Stephenie Meyers 'Twilight'-Saga gesehen.

Über Stephenie Meyers Werk und Wirken wurde ja spätestens seit Beginn des Verfilmungsmarathons schon mehr als ausreichend medial debattiert, und die Kritik ist ebenso vielschichtig wie berechtigt. Ja, der gesamte Grundtenor ist erschreckend reaktionär. Ja, die Charaktere sind zweidimensional. Ja, es ist eine irritierende Mischung aus Übersexualisierung einerseits und einem Plädoyer für vorehelichen Triebverzicht andererseits.

Ich möchte mich hier jedoch nur auf ein ganz bestimmtes Detail, das in diesem dritten Film besonders deutlich geworden ist, konzentrieren: meine persönliche Erklärung warum so viele Burschen diese Filme mit der gleichen Inbrunst hassen wie so viele Mädls ihn lieben, und warum die ganze Sache auf der Leinwand noch schlimmer ist als auf Papier.

Nein, es liegt nicht daran dass es, wie man so schön sagt, ein "chick flick" ist. Denn wo wir jetzt schon bei Klischees sind: Wir Männer können sehr wohl romantisch sein, und wir wissen gute romantische Filme auch zu schätzen. Das Problem und die große Ironie der Twilight-Saga ist schlicht und einfach dass die glitzernden Vampire und exhibitionistischen Werwölfe um einiges realistischer wirken als die Romanze die der Handlung zugrunde liegt.

Warum? Es ist nicht nachvollziehbar wie man sich in Bella verlieben kann. Bella Swan ist für mich die Antithese zu Amélie Poulain aus Die Fabelhafte Welt der Amélie. Sie ist passiv, langweilig, und nicht nur was ihren Teint betrifft völlig farblos. Dass sich Nino am Ende in Amélie verliebt ist nachvollziehbar, und vor allem durch ein hervorragendes Drehbuch hart beim Publikum erkämpft. Dass Edward und Jacob sich nicht nur in Bella verlieben, sondern bereit sind ihr Leben (und die Existenz ihrer jeweiligen Familie!) für sie aufs Spiel zu setzen ist es nicht. Jedenfalls nicht durch auch nur irgend etwas das Bella während der bisher 372 quälende Minuten langen Filmsaga gesagt oder getan hat.

Und wieso ist das in den Filmen weitaus schlimmer als in den Büchern?

Die Twilight-Saga im Allgemeinen, und das Leben der Bella Swan im Speziellen, ist nicht mehr und nicht weniger als der ganz persönliche feuchte Traum von Stephenie Meyer. Es ist eine Fantasiewelt die sich völlig Ich-zentriert weniger um Untote und Fabelwesen als um die unerfüllten Liebeswünsche einer ganz offensichtlich ebenso langweiligen wie gelangweilten Person drehen. Und das ist, so erkläre ich es mir zumindest, für die Bücher geradezu perfekt: jedes Mädchen das Twilight und co liest kann dadurch noch besser mit der Protagonistin die Rolle tauschen, ja sie völlig ersetzen. Denn Bella ist wie eine weiße Wand auf die man die eigene Persönlichkeit ohne jeden Störfaktor projizieren kann. Im Buch muss Bella nicht interessant sein: sie ist ein simples Vehikel, eine reine Trägermasse für die Fantasie der Leserinnen. Wichtig ist einfach nur WAS ihr passiert, nicht wer sie ist oder wie sie sich verhält. Im Kino jedoch bekommt man (vor allem Mann) Bella Swan tatsächlich vor Augen geführt. Ihre ganze Farblosigkeit erstrahlt stundenlang in Technicolor. Es projiziert der Filmprojektor, nicht mehr die Fantasie, und es passiert etwas Erstaunliches: das Hirn schaltet sich wieder ein.

Klick. Und schon denkt man mit einem angenehmen Flattern im Bauch zurück an die Fotoautomaten der Amélie Poulain.

Auf einen Blick

  • Jahr: 2010
  • Länge: 124 min
  • Regie: David Slade
  • Drehbuch: Melissa Rosenberg (Buchvorlage: Stephenie Meyer)
  • Darsteller: Kristen Stewart, Robert Pattinson, Taylor Lautner

Fazit

Meine Wertung:

 

Der dreiste kleine Kinomo

Filme gehören besprochen. Kinomo! Du fängst an!